„Wie kann ich das YoYo* verbessern? Insbesondere das zu mir kommen (Draw) ist immer noch sehr zäh. Rückwärts dagegen ist schon besser und schnell geworden. Das zu mir galoppieren klappt nur an sehr guten Tagen, ansonsten habe ich immer das Gefühl, er denkt „Ich komme ja, wenn es sein muss …“ und manchmal legt er sogar die Ohren an. Hast du einen Tipp?“
Grundsätzlich stellt sich ein Pferd die Frage „Was springt für mich raus“ immer. Denn grundsätzlich tut ein Pferd Dinge ja immer nur aus zwei Gründen: weil es etwas Positives erwartet, oder weil es etwas Negatives vermeiden möchte. In der Tat ist die Motivation im Horsemanship viel zu häufig – zumindest aus Sicht des Pferdes – auf negativer Bestärkung aufgebaut. Es tut Dinge viel häufiger, um weiteren Druck zu entgehen bzw. diesen von vorneherein zu vermeiden. Letztlich ist genau das, aus lerntheoretischer Sicht, im Natural Horsemanship das Prinzip (4 Phasen …). Das ist auch nicht grundsätzlich schlecht, denn Pferde gehen in der Natur auch so miteinander um. Aber wir sind keine Pferde und wir müssen die Pferdesprache erst lernen, aber wir werden nie so perfekt sein, wie ein Pferd. Von daher finde ich, müssen wir uns auch nicht immer wie eines Verhalten. Natürlich belohnen sich Pferde nicht untereinander mit Futterlob, aber die Evolution hat festgelegt, dass ein Pferd sich permanent auf der Suche nach Futter befindet, dies ist eines der Grundbedürfnisse. Was liegt da näher, als dem Pferd genau dieses zu geben?
Natürlich ist auch Sozialkontakt ein Grundbedürfnis und das kann sich durchaus auch auf die Beziehung zwischen Mensch und Pferd beziehen, aber ich persönliche glaube, dass der Anreiz für das Pferd in Form von Futter viel höherwertiger ist. Dafür muss man gar nicht so viel an der Strategie ändern, aber man muss dem Pferd natürlich das System erklären. Tut man dies nicht, dann passiert genau das, was viele Leute glauben, wenn sie mit Futterlob arbeiten: das Pferd bettelt. Das Pferd muss lernen: nur richtiges Verhalten führt zu Futterlob, kein Futter ohne Leistung. Im Idealfall verbindet man dies noch mit einem Lobwort, was dadurch als Überbrückungssignal fungiert um einem somit einerseits einen gewissen Zeitraum verschafft und zum anderen eben sehr viel präziser ist als nur Futter. Damit das Lobwort und das Futterlob effektiv ist, verwendet man beides immer zusammen. Also kein Futter ohne Lobwort und kein Lobwort ohne Futter! Das ist ein Versprechen, denn nur so kann man die Erwartungshaltung beibehalten und dem Pferd klarmachen, dass es gar keinen Grund gibt, zu betteln. (Was würdest du sagen, wenn dein Chef dir sagt „Am Ende des Monats kriegst du dein Gehalt … vielleicht!“ und was würdest du sagen, wenn es tatsächlich nichts gibt? Wahrscheinlich würdest du auch ziemlich nachdrücklich dein „Lob“ einfordern…) Man darf das Pferd also durchaus auch weiterhin mittels negativer Verstärkung (Druck aufbauen und bei richtiger Reaktion belohnen, in dem man diesen weglässt -> comfort) zu Leistung auffordern. Ich verstehe sowieso nicht, wieso man kein Futter verwenden sollte, auch wenn das aus einer negativen keine positive Verstärkung macht. Eine positive Verstärkung würde voraussetzen, dass das Pferd die Reaktion von sich aus anbietet, ohne das diese vorher bereits mittels negativer Bestärkung erarbeitet wurde.
Aber es schadet natürlich überhaupt nicht, zu überdenken, wie viel Druck wirklich sein muss. Oft benutzt man viel mehr Druck als notwendig. Wenn man sich überlegt, dass man damit die Motivation seines Pferdes erhöhen möchte, ist es ja schon etwas fragwürdig, wie gut gelaunt das Pferd hierbei tatsächlich motiviert bleibt 😉 Statt mehr Druck zu machen, sollte man lieber die Eigenmotivation erhöhen. Wenn man das Pferd oft genug und mit etwas für ihm wirklich erstrebenswertem dafür belohnt, das es kommt (siehe auch Handtarget), dann erhöht sich auch die Motivation.
Futterlob funktioniert in den meisten Fällen sehr gut, wenn die übrige Strategie stimmt, also eine klare Kommunikation vorliegt. Futterlob nur LBI Pferden vorzubehalten, halte ich für falsch.
Grade in Verbindung mit Futter ist es wichtig, klare, eindeutige Ziele zu definieren und die Übungen möglichst kleinschrittig aufzubauen, so dass das Pferd grundsätzlich nur mit „klar, kann ich, mach ich“ antworten kann. Du kannst beim JoJo z. B. sehr gut mit Handtarget arbeiten, das heißt, deinem Pferd beibringen, deine Hand mit der Nase zu berühren, um den Draw zu verbessern. Hier sieht man ganz gut, dass das funktioniert http://www.youtube.com/watch?v=V5zln43iff4 „Gib ihm einen Sinn“ ist eh immer eine gute Strategie …
Ich belohne anfänglich jede richtige Reaktion des Pferdes in meine Richtung und ich würde das YoYo mit wenig Druck ggf. sogar neu aufbauen, also alles, was in deine Richtung geht, wird belohnt. Kann sein, dass das zu dir traben dann erstmal etwas schlechter wird. Aber wenn die Motivation des Pferdes steigt UND du ihm vermitteln kannst, wie großartig es ist, dass er freiwillig zu dir kommt, dann wird es wieder besser. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber in dem Fall, würde ich auch loben, wenn sie mit angelegten Ohren angetrabt kommt, solange sie nicht gegenüber mir aggressiv wird. Angelegte Ohren können soo unterschiedlich interpretiert werden und auch, wenn es bei ihr Unmut ist, so what … Sag ihr, dass das nicht nötig ist, indem du jeden Schritt in die richtige Richtung belohnst. Separieren (also die „guten“ Versuche herausformen) kannst du immer noch, wenn du das Verhalten wirklich unter Signalkontrolle hast und sie motivierter ist. Im Moment ist es doch eher so, dass sie sagt „Ey, ich komm, weil ich keine lust hab, dass du mich haust, aber ich sag dir gleich, toll find ich das nicht!“ und was für eine großartige Erfahrung ist dass, wenn du in dem Moment, wo sie beschließt, zu dir zu kommen, sagen kannst „Hey, alles ist gut, ich hau dich nicht, weil ich das großartig finde, dass du dich für mich entscheidest“.
Stell dir mal vor, du hast eine „Lieblingstante“, bei der du dich schon ewig nicht mehr gemeldet hast. Und dann kommt deine Mutter und sagt „Ruf doch mal deine „Lieblingstante“ an, die hat sich schon beschwert, dass du dich so lange nicht gemeldet hast!“. Dann hast du vermutlich auch erstmal keine Lust, sie anzurufen, tust es aber trotzdem, weil man das nun einmal erwartet und weil mein in der zwischenmenschlichen Kommunikation manchmal solche Dinge tut *G* Und dann rufst du sie an und als sie deinen Namen hört sagt sie „Na das wurde ja auch mal Zeit, dass du dich immer nicht von allein meldest blablabla“. Würdest du sie das nächste Mal schneller wieder anrufen, um dem zu entgehen und wärest du dann besser gelaunt? Oder würdest du eher noch länger zögern, obwohl du weißt, dass es das nicht besser macht? Hätte deine Tante dann gesagt, für dich vielleicht völlig überraschend „Hey, das ist ja toll, dass du anrufst. Ich hatte schon überlegt, ob ich mich melde, wir haben ja sooo lange nichts voneinander gehört! Wie geht es dir?“ Dann wärst du sicherlich überrascht, aber wenn du dann ein echt nettes Gespräch mit ihr hattest, dann wird es dir beim nächsten Mal auch nicht so schwer fallen, anzurufen Ironie
Oder das Schulkind, das sooo für die Mathearbeit gelernt hat und sooo Angst hatte davor und dann wurde es „nur“ eine 3-, mit ach und krach! Dann Hinzugehen und zu sagen „WAS? Eine vier? Fast eine Fünf? Das kann ja wohl nicht wahr sein … Dich mit Freunden treffen ist für heute erledigt, setzt dich hin und lern und beim nächsten Mal wag es nicht, mit ner vier zu kommen …“ Das macht es nicht besser, oder? Besser wäre es doch, und auch für das Kind viel motivierender, wenn du hingehst und sagst „Mensch, super dass es noch zu einer 3 gereicht hat. Das Lernen hat sich dann wenigstens gelohnt, schön. Zur Belohnung gehen wir jetzt endlich den Film holen, den du schon so lange sehen wolltest. Das wäre doch eine tolle Motivation fürs nächste Mal …
Ergo: ich glaube, ehrlichen Draw wird man nicht bekommen, wenn man das Pferd sehr unter Druck setzt, zu einem zu kommen.
Ich hoffe, das hilft etwas.
LG Sady
* Das YoYo Spiel ist eines der 7 Spiele aus dem Parelli Natural Horsemanship. Hierbei soll das Pferd lernen auf Seilbewegung auf grader Linie vor und zurück zu gehen.
Ja danke. Das hilft! 🙂
Hallo Sady,
da Du hier schon so eine tolle Rubrik zur Verfügung stellst bin ich doch nun sehr versucht, das Thema welches ich auch gerade in Deinem Forum mal zur Diskussion angeschnitten habe auch hier noch einmal zu formulieren. Was würdest Du im Umgang mit einem sagen wir frech aggressiven Pferd tun um dieses möglichst ohne ihm „eins auf die Glocke“ zu geben wie es meist von „Altmeistern“ empfohlen wird möglichst zügig effektiv zu unterbinden? Wichtig ist hier denke ich schon mal eine Unterscheidung unterschiedlicher Beweggründe für aggressives Verhalten zu machen. Also z. B. jemanden vom Futter verjagen wollen ist anders als mit jugendlicher Kampfeslust auf jemanden los zu springen wie Junghengste es ab und an gern mal machen. Die Sache mit dem Futter ist vielleicht etwas leichter in den Griff zu bekommen als sich einen Hengst wieder aus seinem Bereich zu halten, der sich entschlossen hat, dass es ganz nett wäre Dich ein bischen anzuspringen. Also was ich meine ist in so einer Situation hat man ja nicht unbedingt Zeit verschiedene Dinge auszuprobieren und den Druck zu steigern bis zu dem Punkt an dem er nicht mehr ignoriert wird, aber es muss doch auch eine friedliche Lösung für das Ganze geben… Bei Klaus Ferdinang Hempfling z.B. sieht es immer so einfach aus… Weisst Du vielleicht was es mit der „ich hebe die Gerte und der aggressive Hengst is wieder lammfromm“-Sache auf sich hat? Woher kommt diese Reaktion? Funktioniert das zuverlässig oder gehört das doch eher in den Bereich ich versuch es mal und hoffe dass es ihn genug beeindruckt dass er das sein lässt…? Entschuldige, das ist jetzt etwas länger geworden, aber das Problem beschäftigt mich schon seit ein paar Jahren als ich das erste Mal mit einem „probierenden“ Jungpferd zu tun hatte. Damals konnte ich das Problem nicht anders lösen als der Besitzerin zu raten, das Tier noch einmal in eine größere Herde zu geben, weil mir das da auch nach Langeweile aussah und ich dachte ein wenig Erziehung von älteren Pferden würde auch gute Dienste leisten. Heute weiss ich es war nur ein Test, der sich immer mehr gesteigert hat, weil niemand mal deutlich nach Pfedear „NEIN“ gesagt und die Rangordnung geklärt hat. Es bleibt dennoch die Frage was tun, wenn es für ein deutliches „NEIN“ schon zu spät ist um das Verhalten sicher zu korrigieren aber niemanden dabei in Gefahr zu bringen…
Herzliche Grüße an Dich und Deine Schützlinge, Sandra