Hin und wieder ärgere ich mich darüber, wenn Menschen mit vermeintlich pferdefreundlichen Trainingsmethoden und positiver Verstärkung werben und für nach meinem eigenen, heutigen Verständnis fast schon tierschutzrelevant handeln. Aber so dachte ich auch nicht immer, im Gegenteil. Gerade, wer den Weg des konventionellen Trainings gegangen ist, hat es nicht leicht, zu einem positiven Umgang mit dem Pferd zu gelangen, weil er an Altbekanntem festhält – nicht immer ganz freiwillig. Und manchmal braucht es sogar mehrere Anläufe, bis man „seinen Weg“ gefunden hat. Schließlich gibt es jede Menge Stolpersteine und Argumente, die erst noch entkräftet werden müssen. Ich möchte euch teilhaben lassen an unserer Entwicklung. Ich bin dankbar für jeden einzelnen Stein, weil ich ohne jeden einzelnen heute nicht derart hinter meiner Überzeugung stehen könnte. Ich bin sicher, ihr findet euch an der einen oder anderen Stelle meiner ganz persönlichen „Umsteigerstory“ wieder.
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Aller Anfang ist schwer … oder doch nicht?
Vor fast 15 Jahren habe ich angefangen, mich mit dem Thema positive Verstärkung und Clickertraining zu beschäftigen. Als ich damals damit anfing, war dieses Thema in der Pferdewelt gerade in der Frühphase und für mich genauso revolutionär wie unbekannt. Zwar habe ich immer schon, für mein Gefühl, positiv mit Pferden gearbeitet, aber wie die meisten hatte auch ich eine ganz konventionelle Reiter- und Reitschulkarriere hinter mir. Der Grund, warum ich letztlich nach weiteren Alternativen suchte, war mein hoher Leidensdruck: Mein neues Pferd funktionierte mit Druck einfach nicht. Und das, was ich davon sah und hörte, sprach mich an. Ich begann also mit dem Clicker zu arbeiten und war begeistert. Das Clickertraining eröffnete mir eine ganz neue Ebene des Pferdetrainings. Ich las, was mir in die Finger kam (und was es damals darüber gab …), diskutierte und tauschte mich aus, um all das Neugelernte gleich darauf auszuprobieren.
Doch leider war meine Euphorie nicht von Dauer – wider erwartend lösten sich mit der Motivation meines Pferdes nicht alle Probleme in Luft auf! Trotzdem hielt ich an dem Konzept fest, bis die ersten, schwierigeren Probleme auftauchten. Das anfängliche und nicht ganz abzustellende Betteln meines Pferdes störte mich nicht – außer die Male, in denen es eskalierte und mein Pferd mit geöffnetem Maul auf mich zusprang. Aber ich hatte ja schon lange mit Pferden zutun und wusste mein Pferd in seine Schranken zu weisen. Während ich ansonsten von außen immer eher belächelt wurde mit meinen Keksen, hatte in solchen Situationen jeder einen „guten Ratschlag“ für mich. Leider kamen diese Ratschläge selten von Menschen, die sich mit dem Thema „positive Verstärkung“ auskannten und so endeten diese Situationen zwar erfolgreich für mich, nicht aber immer positiv für mein Pferd. Hilfe vor Ort gab es nicht – nur eine Handvoll Leute versammelte sich im Internet und unterstützte sich gegenseitig.
Vieles funktionierte gut – vor allem die Dinge, die wir nicht schon über die „konventionelle Art“ über Druck erarbeitet hatten: Tricks und Zirkuslektionen, Stehenbleiben, Tierarztuntersuchungen… Bei allen anderen Dingen stieß ich immer wieder an meine Grenzen und griff auf die üblichen Mittel zurück: Druck und wenn es sein musste auch Strafe – schließlich konnte ich ja auch nicht alles durchgehen lassen. Noch war mein Kaltblut klein, aber wenn er erstmal groß war… Der Druck durch außenstehende Kritiker machte es mir nicht immer leicht, auf meinem Standpunkt zu beharren und ließ mich durchaus auch mal auch daran zweifeln.
Und so durchlebten wir Höhen und Tiefen des positiven Trainings und des konventionellen Umgangs. Als mein Pferd mitten in der Flegelphase steckte und ich mit meinem Latein am Ende war, suchte ich nach weiteren Alternativen. Ich wollte weiterhin pferdefreundlich mit ihm umgehen – denn für mein Dafürhalten ging ich im Gegensatz zu anderen Pferdebesitzern wirklich nett mit meinem Pferd um – und kam so zum Natural Horsemanship. Und ich fühlte mich sooo verstanden. Auf einmal war mir klar, warum wir all diese Probleme hatten und ich fühlte mich im Recht, wenn ich mein Pferd maßregelte und unter Druck setzte, denn das war doch natürlich und fair! Und grundsätzlich ist es natürlich auch fairer, Regeln aufzustellen, als einen „laissez faire“ Umgang mit dem Pferd zu pflegen (Was ich im Übrigen auch heute noch so sehe – unabhängig von der Trainingsform).
Und dann wurde es erstmal besser – mein Pferd gehorchte und ich wähnte mich in trauter Zweisamkeit. Schließlich wurde ich zu einem guten Führer für mein Pferd! Und endlich hatte ich wieder „Freunde“ und Gleichgesinnte, Trainer und andere Pferdemenschen um mich, die mich ernst nahmen. Und unsere Kommunikation wurde „besser“. Zumindest klappten nach und nach auch schwierige und anspruchsvollere Lektionen, die ich zuvor nicht erarbeiten konnte. Und nun wurde ich nicht mehr belächelt, sondern unsere Leistung wurde endlich anerkannt. Das „kleine, dicke Kaltblut mit dem großen, dicken Mädchen kann ja doch was!“.
Vom auf und ab im Methoden-Dschungel
Doch irgendwas störte mich immer wieder. Und so ganz wollte ich die „Kekserei“ auch nicht aufgeben. Also fütterte ich munter weiter und mixte mich durch den Dschungel der Trainingsmethoden. Und irgendwie stand ich irgendwann damit wieder alleine da – oder wahlweise auch einfach „zwischen den Stühlen“. Die einen sagten, die Kekse seien auch bloß eine „bessere Entschuldigung“, aber keine positive Verstärkung. Die anderen erklärten überzeugend „Pferde füttern sich auch nicht!“ und rieten mir, am besten gar nichts mehr aus der Hand zu geben… Tja und nun stand ich da in meinem Dilemma. Training ohne Futterlob? Ne, nicht mit mir… Dann doch lieber die „gute Seite der Macht!“ und weiter Kekse verteilen.
Und es klappte – schließlich hat es ja schon mal geklappt! Und mein Pferd und ich erlebten einen ungeahnten Höhenflug. Mein Wissen aus dem Horsemanship und der Clicker waren für uns eine gute Kombination. Naja, so ganz auf Druck konnte ich nicht in jeder Situation verzichten, manchmal ging es eben nicht ohne! Ganz, ganz selten musste es dann doch mal sein! Aber der Rest war positive Verstärkung – ganz ehrlich! (Glaubte ich jedenfalls auch weiterhin) Warum mein Pferd trotzdem immer wieder weg lief, wenn ich ohne Seil gearbeitet habe, konnte ich immer noch nicht verstehen. Schließlich gab es doch bei mir die besten Leckerlis der Welt – und das auch noch reichlich. Bei anderen funktionierte das doch auch? Warum nicht bei mir? Vielleicht waren wir einfach nicht für das Arbeiten über reine positive Verstärkung gemacht? Vielleicht geht das einfach nicht mit jedem Pferd! Ich jedenfalls, gab immer mein Bestes, für mein Pferd ein guter Mensch zu sein. Und trotzdem hatte ich den Eindruck, mein Pferd fühlte sich bei mir nicht immer wohl – warum sollte es sonst weglaufen. Ich war auch manchmal wütend! Wie undankbar war es doch, wo ich es doch so sehr liebte!
Glücklicherweise hatte ich jede Menge Leute um mich, die jede Menge Erfahrung auf dem Gebiet der „Pferdedressur“ hatten und so nahm ich auch an Kursen teil, die mir versprachen – ganz ohne Zwang – aus mir und meinem Pferd ein gutes Team zu machen. Aber konsequent musste ich schon sein. Denn das, was ich und mein Pferd hatten, nannte sich „Gentlemen Agreement!“ – solange mein Pferd tun konnte, was es wollte, machte es mit. Aber wenn es schwierig wurde, brenzlig oder auch einfach nur anstrengend, dann entschied es selbst und ließ mich sprichwörtlich im Regen stehen und suchte das Weite. „Da muss man einmal drüber weg arbeiten“ und „durch den Druck gehen“, damit diese Sache ein für alle Mal geklärt war. Das habe auch mit Strafe nichts zu tun, sondern sei lediglich eine Korrektur und für ein Pferd ganz normal und natürlich. Und ich klärte das! Ein für alle Mal wollte ich dieses Thema beenden und mir den Respekt meines Pferdes verdienen und beweisen, dass ich Chef sein kann. Es dauerte 20 Minuten und viel Schweiß bis wir diese Diskussion beendet hatten und mein Pferd mir endlich auch frei folgte – „freiwillig“. Ich hätte weinen können vor Glück und alles war erstmal gut. Dankbarkeit – irgendwie jedenfalls – für die Resozialisierung unserer kleinen 2-Pferde-Familie (also mich und mein Pferd).
Bei Seite geschoben waren zunächst all die Zweifel, ob es in Ordnung ist, mein Pferd unter Druck zu setzen. Schließlich folgte mein Pferd mir, wohin ich auch ging. Und dieses hielt an – solange ich konsequent war und jeden Versuch meines Pferdes, sich zu widersetzen, auch tatsächlich unterbunden habe. Denn ranghohe Pferde sind immer konsequent und nur, wer angedrohte Konsequenzen im Ernstfall auch durchzog, dem konnte man vertrauen. Dabei ging es mir gar nicht darum, dominant zu sein. Und überhaupt bedeutete Dominanz für mich nur, dass ich über das Wissen, die Entscheidungsfähigkeit und auch die Erfahrung eines guten Managers verfügte, dem sich das Pferd ja sicher gern unterordnete. Und so richtig von Unterordnung konnte man ja auch nicht sprechen, schließlich verkörperte ich die verbundenen Qualitäten von Leitstute und Leithengst in einem – Vertrauen im Doppelpack quasi, das „Überpferd“ sozusagen. Natürlich glaubte ich auch schon damals nicht, dass mein Pferd wirklich denkt, ich sei ein Pferd. Aber ich konnte ja zumindest üben, mich in Führungsangelegenheiten und Körpersprache wie eines zu verhalten, damit es mich besser verstand.
Zurück auf dem Boden der Tatsachen
Und ich dachte – und hoffte – so sehr, dass wir endlich angekommen waren in unserem sicheren Hafen der gemeinsamen Kommunikation. Natürlich bemerkte ich, dass mein Pferd manchmal unwirsch mit dem Schweif wedelte, die Ohren anlegte oder anderweitig seinen Unmut äußerte – und eben nicht immer dableiben wollte. Aber er blieb dann doch, weil er es für mich tat! Weil er mich respektierte! Und überhaupt: ich muss für meinen Unterhalt auch arbeiten und das macht mir nicht immer Spaß, gerade wenn es mich viel Mühe kostete. Dem Pferd wird es genauso gehen, aber der Spaß, der kommt schon noch! Auch bei den Lektionen, die bisher einfach nur „anstrengend“ für uns beide waren. Ich wollte doch so gerne auch so ein energetisches Kraftpaket, welches sich wie durch Zauberhand mit mir und ohne mich bewegte. Naja, wie schon gesagt, ich dachte und hoffte – und nichts änderte sich. Zwar musste ich keinen Druck mehr machen (das dachte ich jedenfalls), aber so richtig glücklich waren wir beide nicht mit dieser Lösung. Aber schon wieder etwas ändern? Noch mal zurück? Wie unglaubwürdig würde ich mich damit machen. Wie enttäuschend wäre das für alle, die von mir lernten. Und wie sehr würde uns das wohl zurückwerfen. War es das wert? Ich zweifelte – an nahezu allem. An mir, an meinem Pferd, an meiner Erfahrung, an meinem Wissen… Ich hatte mich weiterentwickelt. Ganz sicher. Im Gegensatz zu meinen „Jugendsünden“ war dies schon ein großer Fortschritt. Das musste man ja auch erstmal nachmachen…
Und dann kam er, der große Knall, der mich von meinem hohen Ross auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Auf einmal war es wieder da, unser Problem: Hilfe, mein Pferd rennt weg (und ich bin zu blöd, es zu trainieren). Glücklicherweise war ich gerade auf einem Kurs und glücklicherweise war ich nicht die einzige, mit diesem Problem. Da hatte sich doch ein kleiner, frecher Haflinger den gleichen „Scherz“ mit seiner Besitzerin erlaubt, die aber ebenfalls nicht in der Lage war, dieses Problem allein zu lösen, so dass der Trainer das Pferd in die Hand nahm und es für sie lösen wollte. Eine gefühlte Ewigkeit widersetzte sich das Tier den Führungsqualitäten und fand eine Lücke in jeder Treibrichtung – bis es erkannte, dass es aussichtslos war, sich zu widersetzen und sich endlich unterordnete. Die zuvor gut gefüllte Reithalle hatte sich um ein paar Plätze erleichtert, weil einige zuvor hoffnungsfrohe Zuschauer sich das Spektakel nicht bis zum Ende anschauen wollten oder konnten. Der Trainer betonte während seiner seelenruhigen Erklärungen im „Tanz mit der Bestie“ immer wieder, wie unfair es doch gegenüber ihm sei, dass Ergebnis nicht abzuwarten. Ich kannte das Ergebnis schon: DAS, war nicht, was ich wollte. DAS war nicht meine Vorstellung von positivem Umgang. DAS war nicht meine Zukunftsvision unseres Zusammenseins. Und ganz sicher, war dies keine positive Verstärkung. Es war mein letzter Kurs bei diesem Trainer, der mein Pferd gern „Cookiemonster“ rief und der bis heute noch behauptet, mit positiver Verstärkung – aber ohne Futter – zu arbeiten.
Der Kurs änderte vieles und brachte mir eine wichtige Erkenntnis: Nicht alles, was sich positiv anhört, ist es auch. Und er machte mir auch klar, dass mein Ausbildungsweg zukünftig ein anderer, nicht auf Druck basierter sein sollte. Ich fühlte mich schlecht. Lange. Ich machte mir Vorwürfe und ich ärgerte mich über mich selbst. Ich bemitleidete mein Pferd für den schlechtesten Menschen des diesseitigen Pferdeuniversums. Warum habe ich nicht auf mein Bauchgefühl (und mein Pferd) gehört, sondern habe mich immer wieder bequatschen lassen? Warum konnte ich nicht für uns einstehen und bin unter dem Druck von außen immer wieder eingeknickt? Und vor allen Dingen, warum habe ich das gar nicht so empfunden? War ich denn blind? Oder blöd?
Nach dieser Erkenntnis dauerte es noch eine ganze Weile, bis ich tatsächlich überzeugt war, dass dieser Weg, „positive Verstärkung“, für uns funktionierte. Denn leider lassen sich alte Gewohnheiten nicht so leicht ablegen. Zu oft hatte sich „mein Fehlverhalten“ schon für mich gelohnt und ich tappte in die Falle – gedanklich und tätlich. Und meinem Pferd ging es ganz genauso! Wie oft hatte es sich schon gelohnt, wegzulaufen? Wie oft hatte es sich schon gelohnt „nicht zu funktionieren“? Und nun hatte ich dem auch nichts mehr entgegenzusetzen – denn ich ahndete sein Fehlverhalten nicht, was uns zumindest kurz in ein anarchistisch anmutendes Chaos stürzte. Was mich später teuer zu stehen kam war nicht das Ausbleiben von unangenehmen Konsequenzen, sondern der Glaube, ich könnte einfach aufhören Druck zu machen, stattdessen belohnen und weitermachen wie bisher. Denn ohne Druck, gab es kein Verhalten – über die Jahre habe ich mir ein waschechtes „Cross-Over-Problem“ herangezogen. Durch das jahrelange Mischen von Belohnung (positive Verstärkung) und Druck (negative Verstärkung) konnte mein Pferd zwar eine Menge, aber ich kam nicht mehr dran. Stattdessen zog mein Pferd es vor – richtig – wegzulaufen, wenn es ihm zu viel/zu blöd/zu schwer/zu negativ belastet war – und lernte wieder einmal, dass sich dies lohnte. Ich konnte Verhalten nicht abrufen, wenn ich nicht wieder Druck anwenden wollte. Die Belohnung hatte durch die Kombination mit Druck über die Jahre an Wert verloren und viele der Übungen, die mein Pferd früher quasi im Schlaf runterbeten konnte, beinhalteten „vergiftete Signale“, das heißt mit jedem Abruf, erinnert sich mein Pferd an die gemachten Erfahrungen und den Lernprozess. Tatsächlich „Lösen“ kann man dieses Problem nur, wenn man die Lektionen komplett neu erarbeitet und mit neuen Signalen belegt. Schwierig, wenn es um so simples Verhalten wie „am Seil von A nach B laufen“ geht und man mit seinem Pferd nicht einfach nur Zeit zuhause verbringen kann, sondern den Hof regelmäßig auch verlassen muss. Und auch frustrierend. Und wieder könnte ich mich darüber ärgern, doch es hilft nichts, es ist wie es ist und am besten ist es, mit den Konsequenzen seiner Vergangenheit leben zu lernen. Und Geduld zu haben! Und vor allen Dingen: diesmal möglichst konsequent zu sein, im positiven Sinne. Das ist der Punkt, an dem wir heute stehen. Zumindest wenn ich meinem Pferd Glauben schenke. Aber wir sind auf einem guten Weg – zumindest glaube ich, mein Pferd dies sagen zu hören.
Ehrlich motiviert mit positiver Verstärkung
Mit meinen Kunden trainiere ich schon lange auf positiver Basis und viele meiner „Kundenpaare“ haben uns, zumindest was die Zuverlässigkeit und Motivation angeht, in manchen Lektionen längst überholt. Denn im Gegensatz zu mir, hatten sie Anleitung und jemanden, der die Fehler schon für sie gemacht hat, damit sie diese nicht mehr selbst machen müssen. Jemand der weiß, dass „Druck“ nicht funktioniert, um glückliche Pferde zu bekommen. Und das ‚weniger Druck‘ nicht ‚mehr freiwillig‘ bedeutet. Dazu kommt das mittlerweile große Ausbildungsangebot und eine wachsende Community an Pferdebesitzern, Trainern und Pferdefreunden, die der Vorgabe des konventionellen Trainingsmodelles trotzen und sich stetig weiterbilden und gegenseitig unterstützen. Wer gleich richtig anfängt, hat es besonders leicht – leichter jedenfalls, als Umsteiger. Denn die Vergangenheit kann man nicht ungeschehen machen. Leider gibt es keinen Reset-Knopf und auch keine Rückspultaste. Das Haus kann man Abreißen, aber das Fundament und der Grund, auf dem es stand, der bleibt. Man kann darauf aufbauen, aber diesmal gibt es keine Abkürzung, sondern nur ehrliche Handarbeit in Eigenregie. Bis wir da sind, wo wir mal hinwollen, wird es dauern. Vielleicht ein Leben lang. Aber wie sagt man so schön? Der Weg ist das Ziel. Trainerpferde sind eben gute Lehrpferde, aber keine Vorzeigepferde, weil sie die eigenen Fehler in jeder Entwicklungsphase ausbaden müssen.
Und auch wenn es schwer war und ist, auch wenn ich Fehler gemacht habe und ich heute den Kopf über mich schüttle, bin ich tatsächlich dankbar dafür, all diese Erfahrungen gemacht zu haben. Ohne diese Geschichte wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Weder persönlich, noch beruflich! Ohne diese Erfahrung gemacht zu haben könnte ich heute nicht voller Überzeugung sagen, dass der Weg, den ich gehe, der richtige (für mich) ist. Wenn ich mit meinen Schülern über Trainingsmethoden spreche, kann ich heute mit gutem Gewissen und voller Überzeugung sagen, warum ich heute einen anderen Weg wähle. Und ich verstehe jeden Zweifler und Verzweifelten so gut, denn mir ging es genauso! Ich kenne all dies nicht nur aus der Theorie, sondern aus der Realität in der Praxis.
Und obwohl ich genau weiß, wie es ist, wenn man einer „der Anderen“ ist, erwische ich mich immer wieder dabei, dass ich mich ärgere oder aufrege, wenn Menschen in meinen Augen unfair mit ihren Pferden umgehen. Und manchmal passiert es mir auch, dass ich meine Klappe nicht halten kann und dies auch kund tue (um es meist kurz darauf wieder zu bereuen…). Und ich frage mich, warum dies so ist, wo ich doch meine Energie so viel sinnvoller investieren kann. Ich glaube, es regt mich deshalb so auf, weil ich mich selbst in diesen Leuten wiedererkenne. Darüber, dass sie in die gleiche Falle tappen, wie ich einst – wohlwissend, wie anmaßend es ist, darüber zu entscheiden, was für jemanden richtig oder falsch ist. Aber damals zu wissen, was ich heute weiß, hätte mir und meinem Pferd so viel erspart, was ich auch anderen gerne ersparen möchte. Und wenn ich dann schimpfe und kritisiere, hinweise und anprangere, fechte ich eigentlich meinen eigenen, inneren
Kleinkrieg mit meinem Gewissen aus. Doch meistens gelingt es mir inzwischen, Verständnis zu haben und zu lächeln. Denn ich weiß, jeder ist auf der Suche und geht mit seinem Pferd so um, wie er es für sich UND sein Pferd am besten hält und ist dabei felsenfest der Überzeugung, es sei richtig. Schließlich habe ich – bei all dem „Mist“ den ich veranstaltet habe – auch immer das Beste für mein Pferd gewollt. Und wer glaubt, er tut das richtige, will auch nicht überzeugt und schon gar nicht missioniert werden! Ganz zu schweigen davon, dass man niemanden vom Gegenteil überzeugt, indem man ihn verurteilt oder anprangert. Und ich wünsche all diesen Leuten, dass sie irgendwann dort ankommen, wo sie hinwollen! Denn die beste Überzeugung ist es, die Erfahrung selbst zu machen. Und vielleicht trage ich mit meiner Arbeit ein klein wenig dazu bei, sie auf ihren eigenen Weg mit Pferden zu bringen. Vielleicht bin ich sogar der Stein, der die Sache ins Rollen bringt.
Und etwas ist immer noch genau wie damals, hat sich bis heute nicht geändert: Ich bin immer noch stets auf der Suche, ein besserer Mensch für mein Pferd zu sein, wie so viele andere auch. Ich lerne täglich dazu. Ich glaube auch heute, dass ich dies ganz gut hinbekomme – meistens jedenfalls (das Lernen, das Glauben und auch das Sein). Und weil dies so ist, sollten wir alle respektvoll und vorurteilsfrei miteinander umgehen, auch, wenn wir wissen, dass bei unserem Gegenüber unserer Meinung nach noch sehr viel pferdefreundliches Entwicklungspotential besteht. Wir wissen es nicht besser, bis wir es besser wissen. Das beste Argument ist es, mit gutem Beispiel voran zu gehen, unbeirrt vorzuleben, wovon man überzeugt ist. Statt mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollten wir versuchen, Verständnis und Respekt füreinander aufzubringen, denn auch wir waren bestimmt irgendwann einmal „die Anderen“.
Sehr guter Beitrag. jeder muss seine wege gehen und Erfahrungen sammeln ich glaube jeder von uns ist immer bemüht für sein Pferd ein besserer Mensch zu werden, sollte zu mindestens so sein.
Hallo,
das hört sich wirklich toll an und es wäre schön, wenn ich nur mit positiver Verstärkung arbeiten könnte, aber ich weiß nicht, wie. Ich habe ein ziemlich , im Moment, dickes dreijähriges Pony. Es ist sehr aggressiv, wenn ich mit Leckerchen arbeite. Ständig die Ohren angelegt. Wenn andere Pferde in der Nähe sind, greift sie sie an und schlägt, weil sie immer Stress hat, die anderen könnten etwas bekommen und sie nicht. Wenn ich nicht mehr füttere, entspannt sie sich wieder. Wenn man eine Übung machen möchte, die sie nicht so toll findet, wird sie sauer und zeigt das auch. Sie hat eine sehr starke Persönlichkeit und ich weiß nicht, wie ich das lösen soll. Das Gleiche bei meinem anderen Pferd. Er möchte auch nur die tollen Sachen machen. Wenn ihm etwas nicht gefällt, wird er schnell aufgeregt und entzieht sich. Wie soll man das denn umsetzen? Wo kann ich es lernen? Ich kann nicht mit den beiden zu Kursen fahren, das kann ich mir nicht leisten. Mir liegt auch unheimlich viel daran, fair zu den Pferden zu sein. Ich lese aber meistens nur, dass das der richtige Weg ist, aber WIE ich das machen soll, dafür fehlen die Informationen. LG, Birgit
danke für diesen tollen Beitrag! (Hab ihn angehört weil ich 1. zu faul war zu lesen und 2. Dir gerne zuhöre 😉 )
Mir geht es momentan genau so… unser Weg so wie ich ihn gestalte ist für uns momentan der richtige. Sprüche wie „das is ein Reitpferd und kein Zirkushund“ oder „kennt der Sattel und Reiter“ oder „was soll der Kindergarten und die Spielerei, das ist doch keine Arbeit“ sowie „der macht da doch nur für Futter, ohne wäre der schon über alle Berge…“ sind je nach Jahreszeit auf der Tagesordnung. Von aussen viel Kopfgeschüttel, unverständnis und gelache. Hatte es jetzt allerdings schon einige male, dass an Tag 1 jemand mir abwertende Blicke zuwirft und Tage später interessiert angekrebst kommt. Was mir auffällt ist, dass „mein Spielereien aka keine Arbeit“ im Sommer auf viel mehr Unverständnis trifft als im Winter… wo alles gefroren ist und man einfach nicht im Galopp über den Platz brettern kann.
Was ich aber auch lernen musste: Ganz ohne Druck geht nicht. Er soll sich an gewisse Regeln halten sowie ich das auch tu. Da muss es aber weder das eine noch das andere extrem sein. Ganz ohne würde er mir auf er Nase rumtanzen und bei zu viel wäre er mir zu wenig Individuum 😀
Ich weis nicht wie es anderen geht, aber ich bin langsam fast schon „zu müde“ andauernd meinen Weg, meine Ziele und meine Vorstellungen zu erklären… begrünen zu müssen.. sich schon beinahe rechtfertigen zu müssen! Da sind die Turnierreiter (Sprnger, Dressur usw.) gar nicht mal die schlimmsten sondern die Freizeitreiter die ihre Pferd achsogesund erziehen wollen… Bei anderen die Fehler suchen währendessen das eigene Pferd einem nach Strich und Faden verarscht 😀
So jetzt einen Kommi kreuz und quer geschrieben, hoffentlich kommt man da draus :-p
Echt toll! Der Artikel trifft bei mir mitten ins Schwarze! Auch bei meiner Kaja funktioniert ein traditioneller Weg und ein Weg aus purem Druck nicht. Zumindest führte er nicht zu einem Ergebnis, das ich mit meinem Pferd gerne gehabt hätte: Eine Partnerschaft aus gegenseitigem Respekt und Vertrauen. Dies zwang zum Umdenken. Und genau deshalb bin ich auf „den richtigen Weg“ gestossen, nämlich dem Weg des NHS und positiven Pferdetrainings. Aus dem „gentlamen’s agreement“ wurde inzwischen eine innige, EHRLICHE Beziehung die immer mehr Situationen hervorzaubert, die mich zu Tränen rühren ♡ Nicht zuletzt dank Dir! Du gabst mir damals die Inspiration und die Grundlagen – Ich danke Dir von ganzem Herzen!!! ♡ — Und Deiner Stimme könnte man Ewigkeiten lauschen!!! Wie wörs mit nem Nebenverdienst als Hörspiel-Stimme 😉 Bitte meeeeeehr von Audio-Blogs!!! Ich bin ein absoluter Hörspiel Typ 😀
Liebe Sylvie, vielen Dank für diesen tollen Bericht. Ich finde mich sehr darin wieder und er macht mir Mut diesen Weg weiter zu gehen.
Alles Liebe Birgit
Guten Morgen Sady
Ich habe zum ersten Mal Deinen Beitrag gehört und nicht gelesen 🙂 Es war super. Ich bin auch so jemand, der immer wieder einen Anlauf nimmt mit der positiven Verstärkung. Da ich seit 3 Jahren ein Pony habe, dass mit Druck zwar perfekt funktioniert, aber keine Freude an der Zusammenarbeit hat wurde ich wieder gezwungen nach Alternativen zu suchen. Wie Du bin ich beim NHS gelandet. Fand das ganz kurz die Lösung für meine Probleme. Dann kam mir der Zufall zu Hilfe, meine Trainerin konnte aus nicht mehr kommen und ich konnte mich mit keiner anderen anfreunden. So begann ich selbst zu wursteln und zwar indem ich jeden Zwang rausgenommen habe und er selbst entscheiden durfte ob er mitmachen wollte oder nicht. Tja, es war sehr schwer. Seit er dieses Jahr für 3 Monate auf der Alp war ist vieles besser. Er traut sich langsam auch mal nein zu sagen.Toll, nur komme ich jetzt genau in den Zwiespalt, den Du erwähnt hast. Ich geh ja auch raus mit ihm, er sollte bewegt werden (obwohl er auf einem Mini-Trail lebt). Wie verhalte ich mich, wenn er partout grasen will oder einen Weg nicht gehen……. Da bin ich im Moment ziemlich am Anschlag und weiss noch nicht so genau wie weiter.
Es hat mir Mut gemacht zu hören, dass es Dir auch so ergangen ist. Vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht.
Herzliche Grüsse aus der Schweiz
Claudia
Hallo Sandy. Ich hab mir Deinen Artikel angehört und finde ihn sehr gut. Besonders, dass ich ihn mir auf dem Weg zur Arbeit anhören konnte 😊 Ich hatte Dir bezüglich Deines letzten Artikels eine PN geschrieben.
Klasse !!! Genauso ist es, und wir sollten lernen uns so zu verhalten: ohne Vorurteile, verständnisvoll und tolerant. Der Weg ist das Ziel… und unterwegs sind wir alle.
Hallo Sady,
Danke für diesen wundervollen Beitrag, den ich mir angehört habe. Von Dir vorgetragen kommt es noch besser rüber, spricht direkt in einen hinein. Mein Pferd geht auch wenn es ihn mal überfordert und ich zerbreche mir den Kopf, warum es manchmal immer noch passiert. Ich verenne mich dann in dieser Suche nach Ursachen, statt einfach nach vorn zu blicken. Das lässt Frust aufkommen bei dem mein Pferd wiederum total blockiert, mich regelrecht abblockt und links liegen lässt. Also durchatmen ist dann die Devise. Es ist schwierig, ohne Druck zu arbeiten. Es ist schwierig, die aufkommende Verärgerung und Ratlosigkeit zu unterbinden. Früher habe ich mir nächtelang den Kopf zerbrochen. Ich hatte Ziele, Träume. Heute habe ich nur noch einen Traum. Ich möchte, dass mein Pferd mir vertraut und sich auch in ihn ängstigenden Situationen bei mir anlehnen und Schutz, Beruhigung finden kann. Es klappt nicht immer. Immerhin ist es einfach ein Fluchttier durch und durch. Ich habe mich auch damit abgefunden, dass er seine Herde mehr liebt, als die Menschen. Ich komme nicht, wie viele andere, mit Fütterschüssel an, damit er sich auf mich freut. Er freut sich dann auf das Futter und sagt einem es auch ehrlich. Ab und zu werde ich trotzdem schon erwartet und man sieht die Freude in seinen Augen, die mir selbst gilt. Und das sind die Momente in denen ich meinen Traum lebe.
Ich habe Dich einmal mit ihm arbeiten gesehen und bin immer noch fasziniert, wie leicht und einfach Euer Verständnis war. Es lag eine unbeschreibliche Magie in der Luft. Wenn ich heute mal wieder vor einer scheinbar unüberwindbarer Wand stehe, erinnere ich mich an diese Momente, lächle, lasse einfach alles los und es geht mir besser. Es ist erstaunlich, weil damals frustrierte es mich noch mehr. Ich wollte es auch erreichen. Immerhin ist es doch mein Pferd. Ich habe ihn gerettet und tue seitdem, seit vielen Jahren schon alles, damit es ihm gut geht. Warum gab er Dir etwas, was mir verwehrt blieb?
Ich fand aus dem Frustrationsloch heraus. Ich nahm mir den Druck weg, bzw. versuchte es zumindest. Seitdem versuche ich mehr zuzuhören und zu verstehen. Nicht nur selbst reden. Es ist ein Balanceakt. Ich möchte heute, dass mein Pferd glücklich ist. Und wenn ich auch ein Teil seines Glücks sein darf, dann ist es das größte Geschenk für mich.
Und das ist Deine „Schuld“ Sady. Danke 🙂 <3
Hallo
Ich verfolge deinen Blog und deine Videos bei youtube schon länger mit grosser Begeisterung .
Besonders toll finde ich auch den Audio Blog . Gerade als Sehbehinderte fällt das lesen nicht immer leicht .
Deine Stimme ist absolut symphatisch.
L.g.Anja
[…] für mich persönlich gerade brandaktueller Bericht ist Sadys Artikel „Wir sind die Anderen“. Darin erklärt sie den Zwiespalt, der auch mich immer wieder einholt und von dem ich mich gerade […]
Hallo Sady.
Ein wundervoller Beitrag. Ich habe mit meiner jungen Stute auch schon so einige sachen durch. Ich habe durch unwissenheit auch vieles falsch gemacht und bin sachen falsch angegangen. Habe aber nun eine ganz tolle Reitlehrerin gefunden die nun mit mir viel am Kappzaum erarbeitet da es Reitlerlich noch nicht soo gut bei uns beiden klappt. Meinem Pony gefällt die sache sehr gut und sie ist immer mit eifer bei der Sache, das gibt mir das gefühl das wir auf einem besseren wege sind. Ich habe schon so oft gesagt bekommen… „Warum ein junges Pferd, für dich wäre besser einer der dir noch was beibringen kann…“ Es war liebe auf den ersten Blick und ich war mir sicher man wächst mit seinen Aufgaben. Das genauso als wenn man Kinder bekommt, man muss seine eigenen Erfahrungen machen und es findet sich immer ein Weg. Ich denke das ich bis jetzt einen guten weg für mich und mein Pony gefunden habe auch wenns nicht immer einfach ist.
Toller Beitrag 😉 ,
aber mal ehrlich Pflegerphase vorbei bei Tarek ? 😀 nieeeeee *lach* er ist nen toller !!!
lg
[…] Absolut lesens- bzw. hörenswert Wir sind „die Anderen“ – Aus dem Tagebuch eines Umsteigers […]
Vielen Dank für diesen wundervollen Artikel. Ich lese oft deinen Blog, wenn mich jemand aus der Horsemanship-Szene bekehren möchte, um mir Bestätigung für mein Tun zu holen. Mein Pony und ich haben vorher auch nur über Druck gearbeitet und mir fällt es auch schwer nicht wieder in alte Verhaltensmuster zu fallen, weil wir jetzt gefühlt nichts mehr können und mein Pferd mir auch klipp und klar sagt was er von den negativ belasteten Übungen hält. Nach dem Artikel fühle ich mich so verstanden und ich finde es auch beruhigend dass selbst du, ein großes Vorbild für mich, das alles schon durchlebt hast. Vielen Dank, dass du all dein Wissen mit uns teilst zu Gunsten unserer Pferde 🙂