Dieser Artikel wurde am 17. Juli 2015 aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht!

liebe1Clickertraining und die Arbeit mit positiver Verstärkung sind eine grandiose Sache, wirklich! Ich bin jeden Tag glücklich, dass ich schon vor vielen Jahren zu dieser Erkenntnis gekommen bin. Und ich freue mich sehr über den derzeitigen „Hype“ zum positiven Pferdetraining, denn unsere Pferde haben es verdient, dass wir fair mit ihnen umgehen.

Es hat sich herumgesprochen, dass es durchaus Sinn macht, Futter als Belohnung im Training und im Alltag einzusetzen, um das Pferd zu motivieren. Zwar scheuen sich einige noch davor, aus Angst, ihr Pferd würde rüpelig oder unhöflich, doch wer einmal erlebt hat, wie motiviert Pferde mit Futter lernen und wie schnell sie Dinge begreifen, der kommt von diesem Zauber nicht mehr los.

Mit dem richtigen Know-How lassen sich so aus schnappigen, gierigen „Monstern“ sehr schnell schlaue, höfliche und motivierte Pferde machen, die ihren Besitzern jeden Wunsch von den Augen ablesen. Dazu bedarf es allerdings mehr, als der bloßen Anwesenheit von Belohnung!

Circling GameEin häufiger Irrtum bei der Anwendung des Clickers und der positiven Verstärkung ist, dass es reicht, das Pferd für seine Leistung zu belohnen. Dies ist zwar ein wichtiger Teil der Philosophie, aber bei weitem nicht alles. Viel wichtiger ist das hinter der Belohnung stehende Konzept zum Lernen. Denn positive Verstärkung heißt vor allen Dingen, sich darüber Gedanken zu machen, WIE das Pferd lernt und das Training entsprechend umzustellen. Nicht das Ergebnis allein zählt, der Weg dorthin ist mindestens genauso wichtig. Denn die Lernerfahrung trägt das Pferd mit sich, auch wenn die Lektion am Ende schon längst bekannt ist.

Leider erlebe ich es häufig, dass teils aus Unwissenheit, teils aus Gewohnheit, aber manchmal sicher auch aus „Bequemlichkeit“ auch mit Clicker in der Hand weiterhin konventionell trainiert wird. Wer nach wie vor über Druckstufen arbeitet und dann bei richtiger Reaktion des Pferdes markert und belohnt, schafft für sein Pferd sicherlich Klarheit über das erwünschte Verhalten, mehr Mitspracherecht und Entscheidungsqualität hat das Pferd damit jedoch nicht. Schließlich hat das Pferd nach wie vor nicht die Wahl, ob es reagiert oder nicht. Es reagiert weiterhin, um den Druck zu vermeiden, denn wie sähe die Alternative aus? Die Belohnung hinterher mag die Motivation erhöhen und dem Menschen ein besseres Gewissen verschaffen, langfristig ändern wird sich für das Pferd so jedoch nichts. Wer so arbeitet instrumentiert den Clicker und verkennt seinen wirklichen Nutzen. Und obendrein wird man dem Wunsch nach einer positiven Trainingsauffassung nicht gerecht. Ich verstehe das, denn die Versuchung ist groß „Er kann es doch eigentlich, warum nur tut er es dann nicht?“ Es kostet manchmal Überwindung, über seinen eigenen Schatten zu springen und sich dessen bewusst zu werden, dass man sich letztlich für einen Weg – zumindest bei dieser Lektion – entscheiden muss. Denn ein „heute so, morgen so“ Umgang verwirrt das Pferd, sorgt für Stress und hemmt die Motivation, statt sie zu fördern.

liebe2Clickertraining und positives Pferdetraining bedeutet sein Training möglichst frei von Zwang und Druck zu gestalten und die freiwillige Mitarbeit des Pferdes zu fördern. Es bedeutet, sich ernsthaft mit dem Pferd und seinem Wesen, seinen Bedürfnissen und Talenten auseinander zu setzen, um einer partnerschaftlichen Beziehung gerecht zu werden. Es bedeutet an sich selbst zu arbeiten, sich zu hinterfragen, sein Training zu reflektieren und auch mal zu Gunsten des Pferdes zurückstecken zu können. Sich bei Wünschen und Problemen kleinschrittig voran zu arbeiten und nicht mit dem Problem oder dem Endziel selbst zu beginnen. Unter Umständen kann es auch bedeuten, alte Muster und Gedankenkonstrukte über Bord zu werden und sich für einen neuen, freundlicheren, aber sicherlich auch zunächst aufwändigen Weg zu entscheiden. Wer also eine schnelle Lösung für all seine Probleme sucht, der wird hier genauso wenig fündig wie in anderen Trainingsphilosophien. Wer allerdings den Absprung wagt und bereit ist, in die Pferd-Mensch-Beziehung ernsthaft zu investieren, der bekommt am Ende etwas viel wertvolleres als ein paar „hübsche“ Lektionen – ehrliche Motivation, Zuneigung, Respekt und Freundschaft.