Positive VerstärkungDie Bezeichnung positive Verstärkung hört man in letzter Zeit immer häufiger. Seit das Clickertraining auch in der Pferdewelt angekommen ist, befassen sich immer mehr Menschen mit dieser Form des Trainings. Dabei ist das Arbeiten mit positiver Verstärkung nicht nur dem Clickertraining vorbehalten, sondern sollte fester Bestandteil jeder Arbeitsweise sein. Denn Sie bietet Mensch und Pferd viel Freiraum zur persönlichen Entfaltung.

Bei der positiven Verstärkung folgt eine angenehme Konsequenz auf ein mehr oder weniger spontan gezeigtes Verhalten. Das Verhalten wird damit wahrscheinlicher, da es sich für das Pferd gelohnt hat.  Wichtig ist, dass das Verhalten nicht durch einen aversiven, also unangenehmen Reiz ausgelöst wird. Die Lernsituation wird so gestaltet, dass das Pferd von sich aus agiert und sich aktiv beteiligt. Dies erfordert vom Trainer eine sorgfältige Planung und Beobachtungsgabe. Kleinschrittiges Vorgehen und das Bestärken jeder noch so geringen Reaktion zu Beginn des Lernprozesses sind hierbei unabkömmliche Trainingswerkzeuge.

Das Pferd lernt bei der positiven Verstärkung frei von unangenehmen Reizen und bekommt nur positives Feedback in Form von Belohnung. Es ergibt sich eine hohe Grundmotivation und bei richtiger Anwendung eine hohe Zuverlässigkeit. Wird ein Verhalten ausschließlich positiv verstärkt, so hat das Pferd schlichtweg keinen Grund, nicht zu reagieren, solange die Lernsituation die gleiche ist. Erst mit der Zeit wird die Übung modifiziert oder Ort und Ablenkung variiert, so dass das Lernen stets von Erfolgserlebnissen geprägt ist.

Mit zunehmender Förderung des Pferdes, macht das Arbeiten mit positiver Verstärkung Pferde cleverer, da es zum Mitdenken anregt und selbständiges Arbeiten erfordert und fördert.

Reagiert das Pferd nicht wie gewünscht, hat es keinerlei unangenehme Konsequenzen zu befürchten, da Fehlverhalten zunächst ignoriert, keinesfalls jedoch geahndet wird. Reagiert das Pferd allerdings wiederholt falsch, so sollte in jedem Fall der Trainingsaufbau überdacht werden, damit dem Pferd fehlerfreies Lernen ermöglicht wird.

FutterbelohnungDas Lernen mit positiver Verstärkung ist eine fantastische Möglichkeit, auf zwanglose Art und Weise mit dem Pferd zu kommunizieren und zu arbeiten. Es stellt jedoch den ungeübten Trainer zunächst vor Herausforderungen, weshalb viele den Einstieg scheuen. In der Tat kann es zu Beginn so wirken, als sei das Pferd schwer zu motivieren, da man selbst noch nicht über ausreichend Erfahrung verfügt. Deshalb ist es wichtig, sich anfangs kleine und leichte Aufgaben vorzunehmen, sich sorgfältig zu informieren oder unter Anleitung zu trainieren, damit das Training nicht bereits zu Anfang frustrierend für beide Partner ist. Denn während bei der Arbeit mit konventionellen Methoden das Pferd im Zweifel einfach gar nicht reagiert, führt ungünstiges Timing schnell zum Belohnen von eigentlich unerwünschtem Verhalten, welches sich durch die Belohnung besonders schnell verfestigt. Viele Menschen sehen dann ihre Vorurteile zum Arbeiten mit Belohnung bestätigt und schließen voreilige Schlüsse, die dann zum Abbruch des Ausbildungsexperiments führen. Pferde, die nicht bereits zu Beginn Lernen, wie sie sich bei der Arbeit mit Belohnung verhalten sollen, sind außerdem schnell aufdringlich oder gestresst. Daher sollte das Arbeiten mit systematischem Einsatz von Belohnungen, insbesondere von Futterbelohnungen, gut vorbereitet werden. Abhilfe schaffen hierbei das Trainieren der Futterdisziplin und der Einsatz eines Markersignals (z. B. Belohnungswort oder Clicker), sowie der gezielte Einsatz von Pausen (Siehe Artikel zum Pausentraining).

Das Arbeiten mit positiver Verstärkung fällt uns auch deshalb zu Beginn schwer, weil wir selbst in unserer Gesellschaft nur noch sehr wenig mit positiver Verstärkung zu tun haben. Schon unsere Jüngsten lernen in der Schule mit Druck umzugehen. Und welcher Chef kommt schon regelmäßig vorbei und belohnt seine Mitarbeiter für ihre gute Arbeit, abgesehen von der Zahlung des monatlichen Lohns. Wie oft Loben Sie ihre Mitmenschen, wenn Sie nett zu Ihnen sind? Fallen Ihnen Dinge häufig nicht auch erst auf, wenn Sie nicht mehr so laufen, wie sie sollen?

Positive BestärkungWenn Sie ernsthaft mit positiver Verstärkung arbeiten wollen, versuchen Sie, Ihren Blick zu Schulen und Ihr Bewusstsein für das Lernen neu zu programmieren.  Im Gegenzug wird Ihnen, je länger und intensiver Sie sich mit dem Thema befassen, immer mehr auffallen, wann Verhalten lobenswert ist und wie viele schöne, bisher unbemerkte, Momente Ihnen Ihr Pferd schenkt. Wer erst einmal einen Einstieg gefunden und festgestellt hat, wie positiv sich das Arbeiten mit dieser Art des Trainings auf Pferd und Mensch auswirkt, wird schon bald nicht mehr darauf verzichten wollen.